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Le Laudi
Le Laudi ist ein abendfüllendes Werk. Als Text wählte Suter eines der frühesten Zeugnisse italienischer Dichtkunst: das Gedicht „Il Cantico delle Creature“, bekannt als Sonnengesang des Hl. Franziskus von Assisi aus dem Jahr 1224.

Den Text fasste Suter in neun Bilder und fasste jedes für sich in ein monumentales feierliches Gemälde. Mit reicher Farbgebung zeichnet er seine Bilder in tiefer Naturversenkung und andächtiger Lobpreisung Gottes und zeigt sich dabei als ein Meister der Form und der Satzkunst. Er schöpfte alle Mittel spätromantischer Musikvorstellung voll aus. Dazu kommen Psalmodie, a-cappella-Partien, gregorianische Motive, archaisierende Klangeffekt, Themen und Gegenthemen, sowie rasche Tempowechsel und Vielfalt der Rhythmik bis hin zum Ineinandergreifen verschiedener Taktarten. Wie ein eratischer Block steht der 5. Teil im Zentrum des Werkes: Die Anrufung des Feuers mit den wie Flammen züngelnden Streichfiguren in der Variationen der Passacaglia. Im 2. Satz beschreiben die flirrenden Streicher-Flageoletts, ergänzt von Harfe und Celesta, in bezwingend atmosphärischer Dichte die Weite des Firmaments, eine Klangwelt, die im nächsten Satz, der den „frate vento“ in mächtiger Fuge und grossen Chorblöcken beschwört, förmlich hinweg gefegt wird. Im 4. Satz wird das Idyll der Quelle und das ewige Fliessen des Wassers umschrieben. Der in Requiem-Stimmung breit angelegte Trauermarsch des 8. Satzes oder die hymnische Anrufung der Sonne nach der Einleitung, die ebenso überraschend wie eindrucksvoll vom Solotenor ohne jede Begleitung intoniert wird, vermögen den Inhalt des Gedichtes deutlich aufzuzeichen. Dieser Beginn suggeriert von Anfang an das Archaische, das den Zuhörer unweigerlich in seinen Bann zieht. Die Wirkung wird durch Chor und Orchester noch gesteigert, kehrt im weiteren Verlauf immer wieder und schliesst mit dem letzten Teil den Kreis, bevor das Werk in grosser Ruhe und einem feierlichen Pianissimo-Amen verklingt.
Wilhelm Merina schrieb nach der Uraufführung am 13. Juni 1924:“Wer nur ein wenig Sinn hat für die Grösse und Eigenart des Cantico del Sol des 13. Jahrhunderts, der müsste überrascht sein, von der Sicherheit, mit der der Komponist, ohne sich selber und seine Zeit aufzugeben, einen dem Text kongruenten musikalischen Ausdruck gefunden hat“.

Die tiefe Liebe des Hl. Franziskus von Assisi zur Natur und zu den Geschöpfen Gottes kommt im Text voll zum Tragen. Im Gegensatz zur asketischen Literatur der Zeit, die das Heil in einem finsteren Welthass suchte, zeigt der Sonnengesang, dass die Natur nicht das Böse, sondern des herrliche Werk Gottes ist. In enthusiastischer Einfalt, in Verbundenheit mit allen Kreaturen lobt er den Schöpfer mit allem und für alles, was er uns gegeben hat. Die vier Elemente Luft, Wasser, Feuer und Erde werden aufgerufen, die, wie auch die Sonne, die Gestirne und der Tod, Brüder und Schwestern sind. Hermann Suter fasste dieses Gedicht in musikalisch geschlossene Bilder, die dem Werk „Le Laudi“ eine gewisse Erhabenheit und Überzeitlichkeit geben.





 





Konzertchor Diverticanto | Felix Reolon, Dirigent | Ida-Sträuli-Strasse 87 | 8404 Winterthur | E-Mail | Letzte Änderung: 08.02.2024